Pressemitteilung – „Wochen gegen Rassismus, Antimuslimischer Rassismus und Ermordung von Moscheegängern in Christchurch“

Heute haben wir die schreckliche Nachricht vernommen, dass mehr als vierzig Personen –darunter auch Kinder –, die in Christchurch in Neuseeland das Freitagsgebet in einer Moschee besuchten, brutal niederschossen wurden. Der Mörder hatte dieses Massaker vorher geplant und seine grausame Tat sogar live auf Facebook übertragen.

Christchurch ist in Neuseeland und sehr weit von Europa und Deutschland entfernt. Man könnte die Ansicht vertreten, dass dies zwar eine schreckliche Tat sei, aber sich dann fragen, was das unmittelbar mit uns hier in Europa, Deutschland oder Karlsruhe zu tun hat. Ohne einen Bezug zu uns könnten wir uns nach einem Bedauern über eine solch schlimme Tat wieder wie gewohnt unseren Alltagsgeschäften widmen.

Wenn man diese Ereignisse oberflächlich betrachtet, könnte man auf dieses Ergebnis kommen. Bei genauerem Betrachten zeigt sich aber ein anderes Bild: Der Mörder war ein rechtsradikaler Täter, der in den Narrativen und Mechanismen zu finden ist, wie wir ihn überall in der westlichen Welt beobachten. Der Attentäter aus Christchurch ist der Bruder im Geiste des Massenmörders Brejvik und der Rechtsterroristen der NSU. Der Attentäter sah genauso eine „Bedrohung der Islamisierung“, die „Zersetzung seiner Kultur durch die Muslime“ und eine „muslimische Invasion“ in seinem Land wie manche Rechtspopulisten und andere Rechtsextreme das ebenso tun. Die fortdauernde Hetze gegen Muslime hat nun auch in Neuseeland ihre „Früchte getragen“.
Der Muslimhass hat in Neuseeland bisher vierzig Menschenleben gefordert. Es wäre unverantwortlich den Mörder wieder einfach als einen „isolierten Einzeltäter mit psychischen Problemen“ abzutun. Das käme einer abermaligen und ständigen Verweigerung der Annahme der Realität gleich, dass nämlich antimuslimischer Rassismus in unseren Gesellschaften nicht übertriebene Sensibilität der Betroffenen ist und dieser (leider) real existiert. Dieser antimuslimische Rassismus ist nicht nur in Neuseeland, Norwegen, den USA, sondern auch in Deutschland und Karlsruhe vorhanden. Dass dieser auch bei uns in Karlsruhe eine Gefahr darstellt, wissen die Karlsruher Muslime nicht nur seit den KARGIDA-Kundgebungen. Es gibt eine Partei, die die „Deislamisierung“ in Deutschland fordert. Diese Partei hat auch von Karlsruhe einen Abgeordneten nach Berlin geschickt. Und es gibt Hassprediger, die in Bestsellerlisten ganz oben sind, die Muslime genetisch als minderwertig betrachten. Bücher dieses „Islamkritikers“ und Bücher von Islamhassern werden auch in Karlsruher viel und gerne gekauft.

Jedwede Form des Rassismus oder gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit muss aktiv bekämpft werden. Dazu gehört die Bekämpfung des Rassismus gegen People of Color, des Antiziganismus wie auch das Entgegentreten gegen Antisemitismus oder antimuslimischen Rassismus in all seinen Formen. Sich diesem Rassismus entgegenzustellen ist nicht bloß eine Aufgabe der jeweiligen betroffen Gruppen, sondern der gesamten Gesellschaft und hier in Karlsruhe insbesondere der Stadtgesellschaft.

Dieses haben sich die Karlsruher Wochen gegen Rassismus auf die Fahnen geschrieben und veranstalten diese nun zum sechsten Mal in Karlsruhe. Die Karlsruher Wochen gegen Rassimus, die heute eröffnet werden, beginnen dieses Jahr an dem selben Tag, an dem der rassistisch motivierte Massenmord in Christchurch stattfand. Dieses Ereignis zeigt uns, wie wichtig und notwendig der Kampf gegen Rassisten überall und auch vor Ort ist. Bevor Extremisten solche Taten gegen Menschengruppen verüben, wird die Atmosphäre durch Hass, Abwertung, Dämonisierung und Ausgrenzung dafür vorbereitet. Denn Taten werden zuerst in den Köpfen erdacht und geplant. Zuvor werden die Köpfe aber durch rassistische Narrative und Argumente gegen bestimmte Menschengruppen dafür vorbereitet.

In unserer Gesellschaft herrscht bei vielen die Vorstellung, dass uns zwar gewaltbereite Islamisten bedrohen, gleichwohl haben viele Menschen Schwierigkeiten zu verstehen, dass es nicht nur muslimische Attentäter gibt, sondern auch Muslime immer wieder selbst Opfer von (rechtsradikalen) Terroristen sind!

Der Deutschsprachige Muslimkreis weist auf die Existenz und das Erstarken des antimuslimischen Rassismus seit Jahren hin. Leider finden die Appelle, dieses rassistische Phänomen gegenüber Muslimen ernster zu nehmen, kaum Beachtung und die Aufklärung der Zusammenhänge und Hintergründe stoßen auf sehr wenig Interesse bei der nichtmuslimischen Bevölkerung – auch in Karlsruhe. Dabei gilt es auch hier: Wehret den Anfängen!
Im Rahmen der Wochen gegen Rassismus hat der Deutschsprachige Muslimkreis Karlsruhe (DMK) mehrere Workshops und Vorträge zu diesem Thema organisiert. Informationen dazu sind auf der Webseite www.dmk-karlsruhe.de zu finden.

Rüstü Aslandur
Deutschsprachiger Muslimkreis Karlsruhe